Nachlese zur Filmvorführung “Der marktgerechte Patient” in Norden

Seit der Umstel­lung der Kranken­haus­fi­nanzierung auf soge­nan­nte Fall­pauschalen ste­ht für deutsche Klinken nicht mehr der kranke Men­sch, son­dern der Erlös aus sein­er Behand­lung im Vorder­grund. Der Film deckt die gefährlichen Auswirkun­gen dieser Ökonomisierung auf Patien­ten und Klinikbeschäftigte auf”

 

Rund 30 Gäste und Mit­glieder des Fördervere­ins trafen sich am 19.02. im Mit­tel­haus in Nor­den , um sich gemein­sam den Film  „Der mark­t­gerechte Patient“ anzuse­hen und im Anschluss darüber zu disku­tieren. Sie sahen ein ungeschmink­tes Bild  der Real­itäten in deutschen Kliniken heute :

Kinder, für deren Behand­lung aus wirtschaftlichen Grün­den keine Kapaz­itäten ver­füg­bar sind – Bet­ten gesperrt.

Log­büch­er voll mit Ein­trä­gen über abgewiesene Not­fall­pa­tien­ten mit ern­sten Erkrankungen.

Pflegekräfte, deren Traum­beruf sich angesichts von hoff­nungslos­er Über­las­tung zum Alb­traum gewan­delt hat.

Ärzte und Pfle­gende, die angesichts gesund­heits­ge­fährden­der Zustände auf ihren Sta­tio­nen ihre Stellen kündigen

Patien­ten, die während ihres Klinikaufen­thalts allein liegen gelassen wer­den — mit lebens­bedrohlichen Folgen

Mod­ern aus­ges­tat­tete Pri­vatk­liniken , die auss­chließlich Leis­tun­gen und Abteilun­gen anbi­eten, in denen sie Über­schüsse erwirtschaften, indem sie Patien­ten fab­rik­mäßig, im Schnel­lver­fahren durch die sta­tionäre Behand­lung pushen.

Kom­mu­nale Klinikbe­treiber, die für viel Geld immer neue Berater­fir­men  anheuern, um ihre Kranken­häuser betrieb­swirtschaftlich zu „opti­mieren“ .

Klinikman­ag­er, die sich auf Abteilun­gen  und Ange­bote konzen­tri­eren,  mit denen sie die höch­sten Erlöse von den Kassen bekom­men , selb­st dann, wenn diese Ange­bote für die Patien­ten gar nicht notwendig sind

Kom­mu­nalpoli­tik­er, die sich zunehmend schw­er tun, grundle­gende   Leis­tungsange­bote wie Not­fal­lver­sorgung oder  Geburten­sta­tio­nen  aufrechtzuerhalten

Der Film läßt die ver­schiede­nen Beteiligten  aus ihrem All­t­ag bericht­en. Dieser All­t­ag ist von ein­er Unterord­nung unter wirtschaftliche Maxi­men geze­ich­net – sowohl  bei Pri­vatk­liniken als auch bei Kom­mu­nalen. Bei­de wollen sich  schließlich in einem  zunehmend schär­fer­en Wet­tbe­werb bewähren, in dem sie mit Patien­ten Geld bzw. Gewinne machen — statt ihr Han­deln an dem auszuricht­en, was hil­febedürftige Men­schen benöti­gen. Patien­ten sind Kun­den, und ihre Behand­lung hat ihr Maß daran, was sie dem Betreiber ein­brin­gen. Viele Dinge, die vor eini­gen Jahren noch als Skan­dal oder als Aus­nah­me­fall  betra­chtet wor­den wären, sind nach rund 15 Jahren Fall­pauschalen­regelung zum  trau­ri­gen „Nor­mal­fall“  gewor­den  — das sei  alles andere als nor­mal, wie es in der Diskus­sion hieß. Auch wenn die grundle­gen­den Beschlüsse, die zu dieser drama­tis­chen Sit­u­a­tion führen, in der Gesund­heit­spoli­tik im Bund getrof­fen wer­den:  sie  kom­men „in der Fläche“ an und sie sollen hier von Klinikper­son­al und Patien­ten „erduldet“ wer­den.  Hier sollte  man sich daher  zur Abwen­dung und Schadens­be­gren­zung  auf die Hin­ter­beine stellen – Bürg­er, Parteien, Kommunalpolitiker.

 Wer sich nicht wehrt und stattdessen an Luftschlöss­er von einem „mark­t­be­herrschen­den Klinikum“ glaubt, das „mod­ern­ste Medi­zin“ , gute Arbeits­be­din­gun­gen  und mehr Pflegeper­son­al  schaf­fen wird, der will nicht ver­ste­hen, was auf Bürg­er und Klinikmi­tar­beit­er zukommt, wenn es so wie bish­er weit­erge­ht. Die „Zukun­ftssicherung“  bei diesem Ratio­nal­isierung­spro­jekt sieht eine Ein­schränkung der vorhan­de­nen Grund- und Regelver­sorgung  und einen Rück­zug der Kliniken aus der Not­fal­lver­sorgung vor. Sie ebnet unseren kom­mu­nalen Trägern den Weg, aus der Daseinsvor­sorge her­auszukom­men und ihre Gesund­heit­spoli­tik ein­er pri­vat­en Kranken­haus­fab­rik zu überantworten.

Zur Web­site des Film­pro­jek­ts    “Der mark­t­gerechte Patient”

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