Warum ein Regionales Gesundheitszentrum (RGZ) ein geschlossenes Krankenhaus nicht ersetzen kann

Als eine viel­ver­spre­chen­de „neue Ver­sor­gungs­form“ mit Zukunft“, die „eine Men­ge Chan­cen bie­te“, vor allem dort, wo bestehen­de Kli­ni­ken „geschlos­sen wer­den müs­sen“, wer­den die Regio­na­len Gesund­heits­zen­tren in Nie­der­sach­sen ange­prie­sen. In das 2022 novel­lier­te Nie­der­säch­si­sche Kran­ken­haus­ge­setz wur­den die RGZ als neu­er Typ sta­tio­när-ambu­lan­ter Ver­sor­gung auf­ge­nom­men und als „Ersatz­an­ge­bot“ für auf­ge­ge­be­ne Grund­ver­sor­gungs­kran­ken­häu­ser ver­an­kert.  Eine ers­te Bilanz der tat­säch­li­chen Leis­tun­gen, die ein sol­ches RGZ erbrin­gen kann, hat­ten wir anhand des ers­ten nie­der­säch­si­schen RGZ in Ankum vor­ge­nom­men, das am 1. April an die Stel­le des bis­he­ri­gen Mari­en­hos­pi­tals getre­ten ist.

Kurz­fa­zit : Das RGZ ist ein kein Ersatz für ein Kran­ken­haus der Grund­ver­sor­gung. Es kann und soll kei­ne umfas­sen­de Not­fall­ver­sor­gung sicher­stel­len. Es ist eine bet­ten­füh­ren­de Pfle­ge­sta­ti­on mit medi­zi­ni­scher Betreu­ung durch koope­rie­ren­de Arzt­pra­xen, wobei die vor­ge­schrie­be­ne „24h-Erreich­bar­keit“ aus­drück­lich kei­ne durch­gän­gi­ge ärzt­li­che Prä­senz ver­langt. Anstel­le bestehen­der sta­tio­nä­rer Grund­ver­sor­gungs­kli­ni­ken mit Inten­siv­sta­ti­on und Not­auf­nah­men (die man lan­des- und auch bun­des­weit als „nicht wirt­schaft­lich zu betrei­ben“ in gro­ßer Zahl abschaf­fen will) sol­len sol­che inter­dis­zi­pli­när auf­ge­stell­ten Arzt­pra­xen plus Pfle­ge­sta­ti­on zukünf­tig die aktiv aus­ge­dünn­te medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung sicher­stel­len. Dazu feh­len ihnen jedoch grund­le­gen­de Voraussetzungen.

Was bei sol­chen „Umwand­lun­gen“ tat­säch­lich mit dem Leis­tungs­an­ge­bot am bis­he­ri­gen Kran­ken­h­aus­stand­ort pas­siert und wie dabei eine aus­rei­chen­de Ver­sor­gung der Pati­en­ten regel­mä­ßig ver­lo­ren geht, beschreibt Dr. Rai­ner Neef  vom Bünd­nis Kli­ni­k­ret­tung in sei­ner aktu­el­len Unter­su­chung  Bet­ten­ver­lust und kaum Ersatz nach Klnik­schlie­ßun­gen

Mate­ri­al zu die­ser im März 2024 aktua­li­sier­ten Über­sicht fin­det sich bereits in dem nach­fol­gend doku­men­tier­ten Bei­trag von Rai­ner Neef aus dem ver­gan­ge­nen Jahr. Anhand eini­ger Pra­xis­bei­spie­le durch­ge­führ­ter Umwand­lun­gen von geschlos­se­nen Grund­ver­sor­gungs­kli­ni­ken in MVZ (Medi­zi­ni­sche Ver­sor­gungs­zen­tren) bzw. ein RGZ (Regio­na­le Ver­sor­gungs­zen­tren) geht er der Fra­ge nach : Kann ein MVZ/ RGZ  ein geschlos­se­nes Kran­ken­haus erset­zen? Bzw. : Wor­an schei­tert die­ses Unterfangen ?

Kann ein MVZ ein geschlossenes Krankenhaus ersetzen?

Zur Entwicklung Medizinischer Versorgungszentren und der Frage der Grundversorgung

Von Dr. Rainer Neef, Bündnis Klinikrettung

Rund 30 Kran­ken­haus­schlie­ßun­gen ver­zeich­net das Bünd­nis Kli­ni­k­ret­tung zwi­schen 2020 und 2022. Immer häu­fi­ger ist dabei zu beob­ach­ten, dass gan­ze Gebie­te durch die Schlie­ßung beein­träch­tigt wer­den, da sich die Ent­fer­nung zum nächs­ten grund­ver­sor­gen­den Kran­ken­haus gra­vie­rend erhöht. Für Pkw-Benut­ze­rIn­nen und Ret­tungs­wa­gen steigt die Fahr­zeit auf über 30 Minu­ten (die qua­si-amt­li­che Maxi­mal­ent­fer­nung), für Men­schen, die auf öffent­li­che Ver­kehrs­mit­tel ange­wie­sen sind,noch weit­aus mehr. Immer häu­fi­ger wird daher ein ambu­lan­ter Ver­sor­gungs-Ersatz ange­kün­digt, benannt als Gesund­heits­zen­trum, Gesund­heits­cam­pus o.ä. Bei den dem Bünd­nis Kli­ni­k­ret­tung bekann­ten Schlie­ßun­gen war der ange­kün­dig­te Ersatz meist auch nach zwei Jah­ren nicht zustan­de gekom­men. Nur in Ein­zel­fäl­len ent­stan­den Medi­zi­ni­sche Ver­sor­gungs­zen­tren (MVZ), wie es sie seit 2004 gibt – aber sie bie­ten ledig­lich Ein­zel­ele­men­te einer Grundversorgung.
Die (öko­no­mi­sche) Gefähr­dung von Kran­ken­häu­sern hat in den ver­gan­ge­nen Jah­ren dras­tisch zuge­nom­men, ihre poli­ti­sche Gefähr­dung erst recht – die Plä­ne, 400 bis 700 Kran­ken­häu­ser zu schlie­ßen[i], wer­den der­zeit aktua­li­siert. Die Fra­ge ist: Kann der betrof­fe­nen Bevöl­ke­rung in Form von MVZ eine Grund­ver­sor­gung gebo­ten wer­den, wie sie der Spit­zen­ver­band gesetz­li­cher Kran­ken­ver­si­che­run­gen (GKV) in Abstim­mung mit dem Gemein­sa­men Bun­des­aus­schuss­Ge­sund­heits­we­sen for­mu­liert hat, näm­lich eine Ein­rich­tung mit Inne­rer Medi­zin und Chir­ur­gie sowie Anäs­the­sie, mit durch­gän­gig geöff­ne­ter („24/7“-) Not­auf­nah­me, und mit Pkw erreich­bar in spä­tes­tens 30 Minu­ten[ii]? Kann also ein MVZ über­haupt ein geschlos­se­nes Kran­ken­haus und dessen
medi­zi­ni­sche Grund­ver­sor­gung ersetzen?

Die Entwicklung von MVZ

Seit 2004 kön­nen alle Erbrin­ger medi­zi­ni­scher Leis­tun­gen MVZ grün­den oder erwer­ben. Damit ist neben Arzt- oder auch Gemein­schafts­pra­xen ein zwei­ter ambu­lan­ter Ver­sor­gungs­ty­pus mit stär­ker unter­neh­me­ri­scher Aus­rich­tung ent­stan­den. MVZ müs­sen eine ärzt­li­che Lei­tung und einen von der Kas­sen­ärzt­li­chen Ver­ei­ni­gung (KV) zuge­teil­ten Sitz haben. Sie brin­gen den dort täti­gen ÄrztInnen(90% sind Ange­stell­te) den Vor­teil einer admi­nis­tra­ti­ven Ent­las­tung, bes­ser und fle­xi­bler gestal­te­te Arbeits­zei­ten und gute Koope­ra­ti­ons­mög­lich­kei­ten. Sie sind aber auch ein attrak­ti­ves Feld für Kapi­tal­an­le­ger, denn das deut­sche Gesund­heits­we­sen gilt als sta­bi­ler, expan­die­ren­der und durch Kran­ken­ver­si­che­run­gen gut gesi­cher­ter Markt.
Die Zahl der MVZ wuchs sehr rasch auf 1.700 im Jahr 2010 an. 2012 wur­de die Trä­ger­schaft durch Ände­rung von § 95 Abs. 1 SGB V auf Erbrin­ger „ärzt­li­cher Leis­tun­gen“ ein­ge­schränkt. Die Begrün­dung dafür lau­te­te, es bestehe die „Gefahr, dass medi­zi­ni­sche Ent­schei­dun­gen von Kapi­tal­in­ter­es­sen beein­flusst wer­den.“[iii] Inter­es­sier­te Kapi­tal­in­ves­to­ren bewäl­tig­ten jedoch das neue Hin­der­nis, indem sie ein mög­lichst klei­nes, even­tu­ell not­lei­den­des Kran­ken­haus güns­tig kauf­ten und zum Trä­ger („Platt­form“) für den Ein­stieg ins MVZ-Geschäft mach­ten. Bis 2015 muss­ten MVZ min­des­tens zwei Fach­ge­bie­te beinhal­ten, seit­dem kön­nen sie sich auch auf ein Spe­zi­al­ge­biet beschrän­ken. Dies gab einen erneu­ten Wachs­tums­schub auf 3.826 Ende 2020. MVZ ver­ei­ni­gen heu­te weni­ger Fächer als
zehn Jah­re zuvor, und die­se sind stär­ker auf ertrag­rei­che Behand­lun­gen bezo­gen.[iv]

MVZ-Träger und MVZ-Praxis

Zu den größ­ten Trä­gern von MVZ zäh­len die pri­va­ten Kran­ken­haus­kon­zer­ne. Die neun größ­ten hal­ten durch­weg eine gro­ße Zahl von MVZ, zusam­men min­des­tens sechs Pro­zent aller MVZ. Ihre Fächer­struk­tur ist abge­stimmt auf die der jewei­li­gen Trä­ger­kli­nik, und sie sind ganz über­wie­gend auf deren Gelän­de ange­sie­delt. Erkenn­bar han­delt es sich um ein Zuar­beits­ver­hält­nis: Sta­tio­nä­re Pati­en­tIn­nen wer­den für die Kli­nik akqui­riert bzw. vor­be­han­delt und nach deren Verlassen
nach­be­han­delt – vor­zugs­wei­se in kapi­tal­in­ten­si­ven und ertrag­rei­chen Fächer­grup­pen wie z.B. Ortho­pä­die-Endo­pro­the­tik oder Neu­ro­chir­ur­gie.[v] Zwi­schen Kli­nik und MVZ wer­den dabei Kos­ten und Abrech­nung optimiert.
In den deut­schen „Gesund­heits­markt“ sind gro­ße, haupt­säch­lich trans­na­tio­na­le Pri­va­te-Equi­ty-Unter­neh­men ein­ge­stie­gen. Als rei­ne Pro­fit­ma­schi­nen akqui­rie­ren sie ohne Anse­hen von Inhal­ten und Bran­che, aber mit stra­te­gi­schem Blick, gan­ze Unter­neh­men. Sie rich­ten sie so zu, dass sie nach 6- 10 Jah­ren mit hohem Pro­fit wei­ter­ver­kauft wer­den kön­nen. Vehe­ment sind Pri­va­te-Equi­ty-Unter­neh­men nach 2016 in das Geschäft mit MVZ ein­ge­stie­gen. Nach Erwerb einer (klei­nen) Kli­nik als
zuge­las­se­nem Trä­ger kauf­ten sie teils ein­zel­ne MVZ, die sie zu einer Ket­te zusam­men­schlos­sen; vor allem ab 2018 wur­den gan­ze Ket­ten erwor­ben[vi]. Fast alle die­ser MVZ haben nur eine, maxi­mal zwei Spe­zi­al-Fach­grup­pen der beson­ders kapi­tal- bzw. ertrags­star­ken Art. Sie wer­den über Per­so­nal­kos­ten­sen­kung und Pra­xis-Vor­ga­ben (z.B. Dia­gno­se- und Behand­lungs­häu­fig­keit) auf raschen Gewinn­kurs gebracht[vii]. Ca. 15 Pro­zent aller MVZ sind heu­te im Besitz von Pri­va­te Equi­ty, der Ein­fluss von Kapi­tal­in­ter­es­sen auf die Gesund­heits­ver­sor­gung ist erkenn­bar gewach­sen. So titel­te die FAZ im Juni 2022 in Bezug auf inves­to­ren­ge­tra­ge­ne MVZ: „Finanz­in­ves­to­ren gefähr­den das Patientenwohl“.
(https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/aerzte-warnen-finanzinvestoren-gefaehrden-das-patientenwohl-18113108.html)
MVZ im Besitz sons­ti­ger pri­va­ter Trä­ger (vor allem Dia­ly­se und Labor­me­di­zin) sind auf deren medi­zi­ni­schen Akti­vi­täts­be­reich zuge­schnit­ten und kom­men für die Fra­ge nach Grund­ver­sor­gung ohne­hin nicht in Betracht.
Die gro­ßen frei­ge­mein­nüt­zi­gen Kran­ken­haus­ge­sell­schaf­ten ver­fü­gen über deut­lich weni­ger eige­ne MVZ (zwei bis drei Pro­zent). Sie ver­fol­gen über­wie­gend ein Zuar­beits­ver­hält­nis zum Trä­ger-Kran­ken­haus, ver­gleich­bar den Pri­va­ten. Bei einem klei­ne­ren Teil sind die MVZ auf eine spe­zi­fi­sche kari­ta­tiv-sozia­le Hal­tung zu Gesund­heit aus­ge­rich­tet, ein­zel­ne sol­len wohl loka­le sta­tio­nä­re oder ambu­lan­te Ver­sor­gungs­de­fi­zi­te ausgleichen.
MVZ von Kom­mu­nen bzw. Land­krei­sen gibt es als sol­che nur ver­ein­zelt, die meis­ten sind den Kran­ken­haus­ver­bün­den grö­ße­rer Städ­te und Land­krei­se zuge­ord­net. Soweit über Inter­net ermit­tel­bar, hal­ten sie viel­leicht drei bis vier Pro­zent aller MVZ. Auch die­se ste­hen zu den Kran­ken­häu­sern über­wie­gend in einem Zuar­beits­ver­hält­nis. Ein klei­ne­rer Teil aber dient auch als fach­lich-ambu­lan­te Ergän­zung am Ort, manch­mal auch außer­halb, etli­che wur­den ein­ge­rich­tet zur
Behe­bung ambu­lan­ter Defi­zi­te in eini­gen länd­li­chen Gebie­ten, oder als Ersatz nach
Kli­nik­schlie­ßun­gen. Gro­ße öffent­li­che Trä­ger sind teils Psych­ia­trien mit weni­gen und eher ergän­zen­den MVZ, eini­ge ande­re (z.B. Vivan­tes, Ber­lin) suchen durch MVZ eine kohä­ren­te ambu­lan­te Ver­sor­gung anzu­bie­ten.[viii]
Neben die­sen auf Kran­ken­häu­ser aus­ge­rich­te­ten MVZ wer­den eben­so vie­le von (GKV-)Vertragsärzt:innen getra­gen. Auch die­se wol­len und müs­sen in unse­rem ambu­lan­ten Sys­tem Gewin­ne erwirt­schaf­ten, um sich zu hal­ten. Sie sind im Schnitt klei­ner, weni­ger kapi­tal­stark und bie­ten weni­ger, aber offen­bar brei­ter gestreu­te Fach­ge­bie­te.[ix]

Gesund­heits­zen­tren“ als Grundversorger?

Wir gehen aus von der qua­si-amt­li­chen Defi­ni­ti­on sta­tio­nä­rer Grund­ver­sor­gung (s.o.). Die­ser wäre hin­zu­zu­fü­gen: Allen Bewohner:innen des deut­schen Ter­ri­to­ri­ums, auch in sei­nen dünn­be­sie­del­ten Tei­len, steht eine gesund­heit­li­che Grund­ver­sor­gung zu. Die­se Leis­tun­gen und Stand­ort­qua­li­tät müss­te ein Gesund­heits­zen­trum auf­wei­sen, wenn es ein Akut­kran­ken­haus spä­tes­tens zum Zeit­punkt sei­ner Schlie­ßung erset­zen soll­te. Das impli­ziert Vor­hal­te­kos­ten für 24/7‑Notaufnahmen, für sta­tio­nä­re Bet­ten, und für eine hin­rei­chen­de Infra­struk­tur in Chir­ur­gie und Inne­rer Medi­zin. Unter dem Abrech­nungs­sys­tem der Fall­pau­scha­len, unter dem seit 2005 alle Akut­kran­ken­häu­ser und spe­zi­ell ihr Per­so­nal lei­den, bedeu­tet das immer: dau­er­haf­te Ver­lus­te, die von ertrag­rei­chen Fach­ge­bie­ten sicher nicht aus­ge­gli­chen wer­den kön­nen. Eine 24-stün­di­ge-Not­auf­nah­me erfordert
einen erheb­li­chen Pool an ärzt­li­chem und Pfle­ge­per­so­nal mit Ein­satz- und Bereit­schafts­pflich­ten; die kas­sen­ärzt­li­chen Not­diens­te (bei Kli­nik­schlie­ßun­gen immer wie­der als Ersatz genannt) sind hier­für zu beschränkt. Recht­lich und finan­zi­ell ist ein sol­ches Zwi­schen­ding zwi­schen ambu­lan­ter und sta­tio­nä­rer Behand­lung bis­lang ohne­hin nicht mach­bar, da die unter­schied­li­chen gesetzlichen
Rege­lun­gen, Abrech­nungs­sys­te­me und zuge­ord­ne­ten Insti­tu­tio­nen bis­her nicht auf einen Nen­ner gebracht wer­den konnten.

Erst­mals gesetz­lich fest­ge­legt wur­den „Regio­na­le Gesund­heits­zen­tren“ (RGZ) im Nie­der­säch­si­schen Kran­ken­haus­ge­setz von 28.6.2022 (§ 2, Abs. 2 und 3 und § 3 Nr. 12) mit (unbe­stimm­ter) „ambu­lan­ter fach­ärzt­li­cher Ver­sor­gung“, „bet­ten­füh­ren­der Pfle­ge­ein­heit“ und 24/7-„Erreichbarkeit“ – aber eben kei­ne durch­gän­gi­ge ärzt­li­che Prä­senz. Die beglei­ten­de Enquête­kom­mis­si­on schlug einen Start in MVZ-Form vor, als obli­ga­to­risch wur­den nur koope­rie­ren­de   Gesund­heits­diens­te, Bet­ten-Vor­hal­tung, und Arzt­pra­xen in All­ge­mei­ner und Inne­rer Medi­zin vor­ge­se­hen – aber kei­ne Chir­ur­gie mit Anäs­the­sie, kei­ne 24/7‑Notaufnahme (nur eine Ret­tungs­wa­che), und kei­ne Erreichbarkeitsgrenze.
Die gesetz­li­chen und insti­tu­tio­nel­len Rege­lun­gen für ein RGZ sei­en aber so unter­schied­lich, dass es nicht als eigen­stän­di­ge Ver­sor­gungs­stu­fe der geplan­ten Kran­ken­haus-Neu­ord­nung (Grund- und Regel‑, erwei­ter­te und Maxi­mal­ver­sor­gung, dane­ben Fach­kran­ken­häu­ser) gefasst wer­den könn­ten. Die Kom­mis­si­on, und im Anschluss Poli­ti­ke­rIn­nen behaup­te­ten, MVZ könn­ten Ver­sor­gungs­lü­cken nach Kran­ken­haus­schlie­ßun­gen schlie­ßen, aber sie genü­gen nicht ein­mal der eige­nen Defi­ni­ti­on einer Grund- und Regel­ver­sor­gung.[x] Ein Bei­spiel für rea­les Schei­tern ist der „Gesund­heits­cam­pus Säckin­gen“, der nach Schlie­ßung des Kran­ken­hau­ses Anfang 2018 „die gesund­heit­li­che Ver­sor­gung der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger in der struk­tur­schwa­chen Regi­on durch Eta­blie­rung eines neu­en sek­toren­über­grei­fen­den Ver­sor­gungs­an­ge­bots sicher“ stel­len soll­te. Übrig geblie­ben ist ein Ärz­te­haus. Miet­ver­trä­ge mit ört­li­chen Pra­xen und Gesund­heits­diens­ten und einem  Alten­pfle­ge­heim wur­den geschlos­sen, ambu­lan­te OP s sind mög­lich, eine Not­auf­nah­me nicht. Die Inte­gra­ti­on (gemein­sa­mes „Case Manage­ment“) mit der letz­ten am Ort ver­blie­be­nen Reha­kli­nik scheiterte;wegen enorm gestie­ge­ner Bau­kos­ten steht gan­ze Pro­jekt nun vor dem Schei­tern.[xi]

Fazit

Mit der Ent­wick­lung von MVZ sind Kon­stel­la­tio­nen ent­stan­den, die wenig mit Bedarf und Grund­ver­sor­gung zu tun haben und viel mit Ertrags­ma­xi­mie­rung, beson­ders durch Spe­zia­li­sie­rung auf ein­zel­ne ertrags­star­ke Fächer bzw. deren Kom­bi­na­ti­on. Sei­tens pri­va­ter Betrei­ber ist kei­ne Ent­wick­lung von  grund­ver­sor­gen­den MVZ zu erwar­ten. Für die gro­ßen pri­va­ten Trä­ger die­nen MVZ
nur der Ertrags­ma­xi­mie­rung in Koope­ra­ti­on mit eige­nen Kli­ni­ken. Für frei­ge­mein­nüt­zi­ge Trä­ger und die gro­ße Mehr­heit öffent­li­cher Trä­ger spie­len MVZ eine ähn­li­che Rol­le der geziel­ten Ertrags­stär­kung. Eini­ge öffent­li­che (Krankenhaus-)MVZ-Träger brach­ten immer nur einen unvoll­stän­di­gen und offen­sicht­lich zuschuss­be­dürf­ti­gen Ver­sor­gungs­er­satz für geschlos­se­ne  Kran­ken­häu­ser zustan­de. Ver­trags­ärzt­li­che MVZ haben für die Ver­pflich­tun­gen einer Grund­ver­sor­gung ein zu klei­nes fach­li­ches und finan­zi­el­les Poten­zi­al und kein hin­rei­chen­des Eigen­in­ter­es­se. Auch die nie­der­säch­si­sche Enquête­kom­mis­si­on brach­te kein rea­li­sier­ba­res hin­rei­chen­des Kon­zept zustan­de. Unter Bedin­gun­gen einer gewinn­ori­en­tier­ten Kran­ken­ver­sor­gung und ange­sichts der über­kom­ple­xe Rege­lungs­sys­te­me und ‑Insti­tu­tio­nen im Kran­ken­haus­be­reich ist nir­gends die Chan­ce für ein funk­tio­nie­ren­des Sys­tem grund­ver­sor­gen­der ambu­lant-sta­tio­nä­rer Gesund­heits­zen­tren zu erkennen.”

 

 

[i] vgl. https://www.gemeingut.org/krankenhausschliessungen/#1604497819129–10baadf1-d149

[ii] https://www.gkv-kliniksimulator.de/

[iii] Zitiert nach Pav­lo­vic, Andre­as, 2021: Finanz­in­ves­to­ren aus den MVZ her­aus­hal­ten. In: KVB-Forum 03/ 2021,S. 32

[iv] Bob­sin, Rai­ner, 2019: Finanz­in­ves­to­ren in der Gesund­heits­ver­sor­gung in Deutsch­land. Han­no­ver: Offi­zin 4.erw. u. aktua­lis. Aufl., S. 34 ff.; KVB-Forum 03/ 2021 – Son­der­aus­ga­be MVZ, S. 10 ff.

[v] KVB-Forum a.a.O., S. 13

[vi] Bob­sin, a.a.O. und der­sel­be, 2021: erw. u. aktua­lis. Aufl., 2021, 5. Aufl., Anhang (pdf)

[vii] Scheu­plein, Chris­toph, 2021: Über­nah­me von MVZ durch Pri­va­te-Equi­ty-Inves­to­ren in Bay­ern. In: KVB-Forum 03/ 2021, S. 28–30

[viii] Eige­ne Recher­che, z.T. nach Bob­sin, a.a.O.; KVB-Forum 2021, a.a.O. S. 22f. u. 32ff.

[ix] Zi-MVZ-Panel, Jah­res­be­richt 2020. Ber­lin Jan. 2021

[x] Enquête­kom­mis­si­on „Sicher­stel­lung der ambu­lan­ten und sta­tio­nä­ren medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung in Nie­der­sach­sen“ — für eine qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge und wohn­ort­na­he medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung“: Bericht. Nds. Land­tag, Drs. 18/8650 (22.2.2021). Han­no­ver, S. 93 ff. und S. 149 ff.

 

[xi] https://www.forum-gesundheitsstandort-bw.de/projekte/sm/gesundheitscampus-bad-saeckingen-konzept-eines-sektorenuebergreifenden-versorgungsansatzes-zur-gesundheitsversorgung-struktursch

https://www.badische-zeitung.de/beim-einstigen-leuchtturm-gehen-wohl-die-lichter-aus?utm

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